Vortour, die nächste: Paulinengrund in der Böhmischen Schweiz

Kammtouren müssen wie schon an anderer Stelle betont nicht immer zwingend oben lang verlaufen. Das geht auch unten lang oder wie heute: durch den Paulinengrund (Pavlínino údolí) bei Dittersbach (Jetřichovice) im Nationalpark Böhmische Schweiz (Národní Park České Švýcarsko). Geplant war eigentlich eine Rundtour über Rennersdorf (Rynartice) mit Kurzbesuch bei den Zwergen und durch die Dittersbacher Felsenwelt zurück zum Startort. Daraus wurde leider nichts, da sich der Weg durch den Paulinengrund am Abzweig nach Rennersdorf als großflächig vereist und unpassierbar herausstellte. Also umkehren und eine weitere Tour unter der Rubrik „experimentelles Wandern“ verbuchen.

Schön wars trotzdem und sobald das Eis getaut ist, wird ein neuer Versuch gestartet. Die Dittersbacher Felsenwelt bietet abseits der Hauptwege viele Kombinationsmöglichkeiten in Verbindung mit dem Kammweg zwischen Hohenleipa (Vysoka Lipa) und Kaltenberg (Studenec). Man muss ja nicht unbedingt nur da entlang gehen, wo es alle tun.;-)

Zauberhafte Wintertour rund um Böhmisch-Zinnwald/Cinovec

Was für ein herrlicher Tag, dieser gestrige Dienstag! Strahlend blauer Himmel, knackiger Frost, Sonne pur und Fernsicht vom Milleschauer/Milešovka im Böhmischen Mittelgebirge bis zum Jeschken/Ještěd und zum schneebedeckten Kamm des Isergebirges (tschechisch: Jizerské hory, polnisch: Góry Izerskie)! All diese und weitere Bergziele locken unwiderstehlich und sind Bestandteile des Tourenprogrammes 2024!

Das Einzige was fehlte, war frischer Neuschnee! Für eine Schneeschuhtour reichte es also nicht, aber für eine Winterwanderung waren die Bedingungen optimal. Die Route folgte ab Cinovec zunächst dem Verlauf des alten böhmischen Kammweges, zweigte jedoch nach einigen Kilometern ab und wurde als nahezu vollständige Umrundung des Ortes fortgesetzt. Die Waldwege in Richtung Mückenberg waren überwiegend gut begehbar.

An einigen Stellen präsentierten sie sich jedoch flächig mit Eis überzogen, geschuldet dem Tauwetter nach Weihnachten und nachfolgenden, strengen Nachtfrösten. Diese Stellen sollten unbedingt gemieden und umgangen werden. Tipp: Grödel und Stöcke nicht vergessen! Dennoch: ein zauberhaftes Wintermärchen! Und das Beste: nur eine knappe Stunde vom Schreibtisch entfernt!

Diese Tour diente der Prüfung des Wegezustandes unter winterlichen Bedingungen. Prüfung bestanden! Ihre detaillierte Beschreibung war und ist hier nicht beabsichtigt.

Führen Kammtouren immer nur oben entlang?

Wie im vorigen Beitrag erwähnt, geht der Begriff „Kammweg“ auf den 1902 und in Folgejahren angelegten Fernwanderweg durch Nordböhmen und Teile Sachsens und Niederschlesiens zurück. Der vierzinkige Kamm wurde zum Erkennungszeichen und zur Markierung eines Weges, der nicht nur auf den obersten Kammlinien ausgewählter Mittelgebirge verlief. War das im Erzgebirge und im Riesengebirge aufgrund der flächenmäßigen Ausdehnung der Kammregionen noch möglich, verliefen jedoch andernorts viele Abschnitte in einem steten Wechsel von Auf und Ab. Übergänge von Erz- zu Elbsandsteingebirge oder über die vulkanischen Kegelberge bis zum Jeschken sind nur durch Geländesenken möglich. Die unterschiedliche Topografie machte den historischen Kammweg so abwechslungs- und erlebnisreich. Die Macher orientierten sich bei der Wegeanlage zunächst vor allem an herausragenden Landmarken der durchwanderten Gebirge. Nach und nach wurde zusätzlich zu den markierten Wegen eine erweiterte touristische Infrastruktur in Form von Aussichtstürmen, Berggaststätten und Bauden geschaffen, von der wir heute noch profitieren. Ein gutes Beispiel für Nachhaltigkeit, wenn auch historisch bedingt nicht ökologisch motiviert.

Um auf die in der Überschrift gestellte Frage zurückzukommen: Nein, die neuen Kammtouren.eu führen nicht nur „oben“ entlang. Dort wo es sich anbietet, geht es selbstverständlich auf die Gipfel hinauf oder auf Panoramawegen über ausdehnte Kammflächen mit und ohne grandiose Fernsichten. Es wird aber im Auf und Ab auch Tal-, Fluss- und Klammabschnitte geben. Zum Start der Wandersaison stehen zunächst 44 Touren mit einer Gesamtdistanz von 863 km, über 297 Stunden Gehzeit und mehr als 23.000 zu absolvierenden Höhenmetern bereit- siehe folgende komoot- Collection:

Das ist noch nicht der volle Angebotsumfang, sondern lediglich der Anfang. Auch können leider nicht sofort alle geplanten Touren ausgeschrieben werden. Der Terminmangel lässt es nicht zu. Es ist aber nicht ausgeschlossen, im Laufe des Jahres jeweils 30 Tage vor Tourbeginn weitere Touren online zu stellen.

Die zusammengefassten Tourenparameter lassen erahnen, dass die Touren konditionell anspruchsvoll sind und ein gewisses Zeitvolumen beanspruchen. Es wird nicht möglich sein, erst gegen 10:00 Uhr vom Frühstückstisch aufzustehen und 18:00 Uhr frisch geduscht im Hotel am Abendbrottisch zu sitzen. Die ausgewählten Kammtouren.eu sind nicht für Langschläfer, Kurzstreckenfans, Insta- Junkies und Microabenteuerer (alle jeweils m/w/d) geeignet. Nicht geeignet sind sie auch für Großgruppen. Es wird deshalb ein Teilnehmerlimit geben. Weitere Informationen können den jeweiligen Ausschreibungen entnommen werden.

Der altneue Kammweg -oder: Wie die Idee zu kammtouren.eu entstand!

Die Idee des Alten Kammweges entlang der Kammlinien von Elster- und Erzgebirge, Böhmischer Schweiz, Lausitzer-, Jeschken-, Iser- und Riesengebirge bis zum Altvatergebirge ist eine echte Erfolgsgeschichte. Sie begann im Jahr 1902 mit vier deutschen Gebirgsvereinen im nördlichen Böhmen – daher auch der vierzinkige Kamm als Symbol und Wegezeichen – und der Einrichtung der ersten ca. 60 km eines neuen Fernwanderweges. Nach und nach wurde der Weg in der Folgezeit erweitert, bis er schließlich mit ca. 820 km seine längste Ausdehnung erreichte und zu seiner Zeit zum längsten Fernwanderweg im deutschsprachigen Raum avancierte. Nach 1945 geriet er in Folge der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei in Vergessenheit und verfiel vielerorts. Wegezeichen und alles, was an die deutsche Vergangenheit im verschwundenen Sudetenland erinnerte, wurde entfernt, zerstört, vergessen. Fast alles. Die einstigen Wege jedoch waren physisch weiterhin vorhanden. Teilweise wurden sie umgewidmet zu asphaltierten Forststraßen, Radrouten oder Wanderwegen nach der neuen tschechoslowakischen Markierungssystematik. Einzelne alte Wegemarkierungen wurden aber offenbar übersehen oder in weiser Voraussicht bestehen gelassen. Mancherorts wurden sie bei Wanderungen sichtbar und machten neugierig. Nach und nach tauchten unter der Hand auch wieder alte Wanderkarten und -führer auf und ermöglichten das Nachvollziehen alter Routen. Bis eines schönen Tages die Geheimniskrämerei nicht mehr nötig war.

Es sollte jedoch noch fast 30 Jahre dauern, bis auch auf tschechischen Wanderwegweisern der blaue, vierzinkige Kamm seine Renaissance erleben durfte. Inzwischen gab es auf sächsischer Seite des Erzgebirges einen neuen, touristischen Kammwanderweg, der freilich nicht entlang der Kammlinie verläuft. Wer es etwas ausführlicher mag, bitte hier entlang: https://de.wikipedia.org/wiki/Kammweg_(1904).

Den alten Original- Kammweg gibt es nicht mehr, aber viele seiner früheren Abschnitte. Hinzu kamen Varianten, die der neuen Realität Rechnung tragen und inzwischen zu einer echten Bereicherung des Wegeangebotes wurden. Die altneuen Wege führen durch zauberhafte Landschaften, die natur-, kultur- und geschichtsinteressierte Wanderer (m/w/d) begeistern und fesseln. Sie sind vergleichsweise leicht zu erreichen; jedenfalls muss man nicht um die halbe Welt fliegen. Viele Start- und Zielorte erreicht man auch mit der Tschechischen Bahn, übrigens ein echtes Kontrasterlebnis zur gegenwärtigen Deutschen. Pünktlich, zuverlässig, preiswert.

Anfangs, zu DDR- Zeiten, war es „nur“ das etwas andere Urlaubserlebnis. Inzwischen sind die Kammregionen Tschechiens und Polens zu einer Art neuer Heimat in Europa geworden. Und seine Heimat bewahrt man nicht nur im Herzen, sondern lädt auch gern dahin ein. Zum Beispiel auf geführte Wander- und Trekkingtouren von und mit kammtouren.eu!

Seit Mitte der 1970-er Jahre bin ich immer wieder und mit wachsender Begeisterung in Tschechien und später auch in Polen unterwegs. Seit 2006 führe ich dort auch Wanderungen für Gruppen und kann inzwischen aus einem Tourenpool von mehr als 180 Routen auswählen – Tendenz kontinuierlich steigend. Alle Touren sind selbst geplant, begangen und qualitätsgeprüft. Es ist nun an der Zeit, sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Neues Jahr, neues Projekt: Kammtouren.eu geht online!

Während Andere kräftig feierten und böllerten, wurde hier emsig hinter den Kulissen gewerkelt. Pünktlich am 1. Januar erblickte diese neue Projektseite das Licht der Digitalwelt. Kammtouren.eu ist ein lange geplantes und gewünschtes Wanderprojekt, das sich mit geführten Kammtouren beschäftigt- und zwar schwerpunktmäßig auf altneuen Routen bei unseren östlichen Nachbarn Tschechien und Polen.

Eine erste Orientierung für Neugierige und Interessierte bietet die Leitidee des neuen Projektes, die über den Link aufrufbar ist. Ergänzende Einzelheiten folgen in Kürze auf diesem Portal.

Kammtouren.eu ist ein „Baby“ von Natursaxe® und nutzt deshalb zunächst einen gemeinsamen Veranstaltungskalender mit der „Mutter“ – oder biologisch korrekt: dem „Vater“. Denn der Macher ist ein Mann. Mal sehen, wie sich das Projekt entwickelt. Sollte Kammtouren.eu den Kinderschuhen entwachsen und auch das Flegelalter gut überstehen, geht es früher oder später den Weg in die Selbstständigkeit. Bis dahin wird kammtouren.eu im gemeinsamen Tourenprogramm als Veranstalter mit separater Buchungsmöglichkeit geführt.

PS: Kammtouren.eu ist übrigens unter @kammtouren@dresden.network vom Start weg auf Mastodon vertreten!